Gläubig oder nicht – das ist die Frage. Oder doch nicht?
Ich stelle mal frech die These auf, dass jeder Mensch gläubig ist. Ja sogar die Atheisten glauben auf ihre Art. Beweisen kann es keiner, also glauben alle irgendwie. Insofern sind wir grundsätzlich im selben Boot und doch, wenn wir z.B. das Morgenland oder unsere eigene Vergangenheit betrachten scheint doch alles anders und ganz kompliziert
Wieso dieser Post werden sich jetzt sicherlich einige Fragen? Eigentlich hatte ich per Zufall eine Diskussion zwischen @puehrig92 @almdzic @ruediloeffel @Dr_Kakerlake, in welcher es, unschwer zu erkennen, um Gott und den Glauben ging, aufgeschnappt. Insbesondere die folgende Feststellung von @ruediloeffel
viel mir auf, worauf ich mir einen Einwurf in die Diskussion nicht verkneifen konnte.
Nach diesem Statement meinerseits (und einer entsprechenden Rückfrage von @ruediloeffel) keimte in mir die Idee einen „kurzen“ Post dazu zu verfassen. Here we go…
Mein persönlicher Glaube
Zuerst mal die gute Nachricht: Ich glaube, wenn auch etwas anders! Ich glaube nämlich, jeder soll seinen persönlichen Glauben leben soll.
Sich austauschen mit anderen Menschen, partizipieren und lernen an deren Erfahrung, beobachten wie die Welt um uns herum aufgebaut ist und funktioniert und weiser werden durch regelmässiges hinterfragen des eigenen „Seins“.
Aber jeder Erdenbewohner soll nach seinen persönlichen Werte-Vorstellungen leben und auf seine persönliche innere Stimme hören.
Ich glaube es gibt viele Mächte und Kräfte die wir (noch) nicht oder nicht mehr verstehen. Ich glaube auch, dass das Wesen des „Gott“ für viele Menschen wichtig ist, weil in der scheinbaren Existenz dieses Wesens eine gewisse Sicherheit innewohnt; da ist noch was, dass grösser ist als wir selbst sind.
Und da wir alle eine gewisse Sicherheit und vielleicht auch Geborgenheit brauchen und vieles, scheinbar unerklärbare, dieser höheren Instanz zuordnen können, hilft dieses Konzept des Gottglaubens sicherlich. Vielleicht hilft es auch einigen Menschen, nicht ganz „durch zu drehen“, weil sie sich an etwas festhalten können, dass scheinbar andere (zumindest oberflächlich) ebenfalls glauben.
Ich glaube deshalb, dass jeder Mensch glaubt und dass jeder Mensch seinen eigenen persönlichen Glauben hat.
Und hier liegt meiner Meinung nach auch schon der Hund begraben. Es ist schlichtweg unmöglich, dass alle Menschen ein und denselben Glauben haben. Ich stelle deshalb grundsätzlich das Konzept der „Religion“ in Frage. Es kann aus meiner Sicht, für eine grössere Menge von Personen, nicht funktionieren; zu unterschiedlich sind die Bedürfnisse, Erfahrungen und Gefühle jedes einzelnen Individuums.
Nur der Vollständigkeit halber sollte ich vielleicht noch erwähnen, dass meine Person die katholische Glaubens-Grundausbildung absolviert hat, heute noch aktiv zahlender Katholik ist, irgendwie immer noch dort verbandelt ist und ich aber tendenziell eher zum Atheismus neige.
Darwin vs. Intelligent Design (oder auch der Grund für diesen Post)
In den letzten Jahren hört man immer wieder von „Intelligent Design“ und das die Welt eigentlich noch keine Milliarden Jahre alt ist. Sie sei von Gott dem Schöpfer vor wenigen tausend Jahren „gebaut“ worden.
Seien wir mal ehrlich: Wenn es denn eine höhere Macht gibt, trauen wir dieser nur zu „Bauklötzchen“ zusammenstecken zu können? Zuerst die Erde „bauen“, dann Pflanzen, Tiere und am Schluss den Menschen (und dieser dann auch noch zu seinem Ebenbild)?
Oder trauen wir diesem „Gott“ eine wirklich brillante Glanzleistung zu, in dem er die Naturgesetze definiert hat und dies so intelligent und erfolgreich gemacht hat, dass aus einer Amöbe, in Millionen von eigenständigen Entwicklungsschritten, irgendwann eine Biene oder sogar ein Mensch werden kann?
Der Forscher aber ist von der Kausalität alles Geschehns durchdrungen… Seine Religiosität liegt im verzückten Staunen über die Harmonie der Naturgesetzlichkeit, in der sich eine so überlegene Vernunft offenbart, dass alles Sinnvolle menschlichen Denkens und Anordnens ein gänzlich nichtiger Abglanz ist.
Das wiederspiegelt doch die ganze Herrlichkeit und unglaubliche Kompetenz eines höheren Schaffens wieder.
Also ich persönlich finde jeder der nicht an Darwin’s Theorie der natürlichen Selektion glaubt (da haben wir das Wort ja schon wieder) anerkennt die grossartige Leistung des „Architekten“ nicht und degradiert ihn somit zum gewöhnlichen Bauarbeiter. Er diskriminiert ihn…
Ich weiss auch nicht was Leute dazu bewegen kann, an ein „Intelligent Design“ zu glauben und dies auch noch als besondere Leistung anzuerkennen. Ich kann das nicht und jeder der schon mal versucht hat ein Programm zu schreiben, dass sich selbst weiterentwickelt und verbessert, weiss von welcher Art Genialität ich spreche.
Hinweis: Interessanterweise finden sich bei Befürwortern von Intelligent Design das oben erwähnte Zitat von Albert Einstein, als Beweis, dass auch Einstein an „Intelligent Design“ glaubte. Er spricht aber von den Regel der Natur und nie von einem Gott, der alles erschaft und er wiederspricht auch Darwin nicht.
Die Religion
Das Konzept der Religionen ist meines Erachtens nichts anderes als ein Überbleibsel aus einer Zeit, als die Landesgrenzen immer wieder, durch Kriege und jegliche Art von Ablasshandel, verändert wurden.
Im Grundsatz beschreibt sie eigentlich nichts anderes als eine Gruppe von Personen, welche nach ihrer Religion zugehörigen Rechtsprechung (Sammlung von Regeln in Form von Gleichnissen und/oder Erzählungen) zu leben und dieses Regelwerk zu deuten versucht, wobei die ihr innewohnenden Individuen, eine ihrem Wertesystem entsprechende Interpretation dieser Regeln, bewusst oder unbewusst, macht.
Im Grunde genommen ist die Religion (egal welche) immer im Konkurrenzkampf zum Staatengebilde, in welchem sich die „Gläubigen“ befinden. Deshalb ist es aus meiner Sicht äusserst wichtig Kirche bzw. Religion und Staat strikte zu trennen.
Ansonsten kommt es unweigerlich zu Interessenkonflikten, insbesondere deshalb, weil keine Religion die direkte Demokratie kennt.
Die Religion als Gemeinschaft, in welchem sich Personen austauschen können und in welchem sich die Menschen wohl und geborgen fühlen, ist grundsätzlich nicht verkehrt und kann viel Positives bewirken. Leute einer Glaubensgemeinschaft helfen Menschen in Not und der Mutter die ihr Kind verloren hat wird Trost gespendet werden.
Aber stellen wir uns mal vor die Menschen, die Trost und Wärme Spenden, würden einer anderen Religion angehören: Würden sie dort nicht dasselbe tun? Würden diese Menschen sich nicht auch aufopfern, wenn sie Moslems wären? Oder anders gesagt, würde z.B. Nicolas Blancho (Präsident des IZRS) sich als Katholik im Umgang mit Frauen plötzlich nicht mehr schwertun? Ich glaube kaum; gut er wäre vielleicht besser rasiert, aber das wäre dann schon alles.
Oder hätte vielleicht Mutter Teresa den Menschen nicht geholfen, wenn sie dem Hinduismus angehört hätte? Ich denke nicht.
Am Ende steckt hinter jeder Aktion und jeder Tätigkeit einen Menschen mit persönlichen Wertesystemen und seinem persönlichen „Rucksack“, egal welcher Religion (und dazu zähle ich auch jegliche Sekten, Freikirchen, etc) er angehört.
Das Missionieren
Jeder Religion beansprucht ja für sich die einzig wahre und richtige Religion zu sein.
Deshalb ziehen die Hirten aus, um die Schafherden ständig zu vergrössern. Interessanterweise hört man ja gerne Sprüche wie: „Andere Leute dürfen ja auch von meinem Gott erfahren.“ oder sowas wie „Wenn ich nicht missioniere sind die Armen Seelen verloren oder sollen sie nicht erlöst werden dürfen? “
Erlöst von was?
Ich streite ja nicht ab, dass es einige oder sogar viele Missionare gibt, die überzeugt sind etwas Gutes zu tun und die helfen wollen.
Aber Fakt ist, dass durch die Vergrösserung der „Schafherde“ vor allem der höchste der Hirten immer mächtiger wird. Und insbesondere wenn der Eintritt in eine Religionsgemeinschaft einhergeht mit einer Veränderung der Persönlichkeit, die das Umfeld bemerkt, aber die betreffende Person selbst nicht, ist Gefahr im Verzug.
Entfremdet sie von sich selbst und kann nicht mehr nach eigenen Werten leben, wurde ein Leben gefangen genommen und das ist, nach meiner Ansicht, äusserst verwerflich.
Sie übernimmt blindlings die Werte eines fremden Schafhirten, obwohl diese Werte ihr eigentlich gänzlich nicht entsprechen. Und da in diesem Fall das Missionieren für die missionierende Person eine Gute, ja sogar notwendige, Sache ist, kann ich verstehen. Aber faktisch wird sie zum Werkzeug eines anderen.
Auch der, von mir erwähnte und aus meiner Sicht fundamental wichtige, Austausch von persönlichen Werten ist nicht mehr möglich, weil die betroffene Person nicht die eigenen Werte vertritt, sondern die eines Dritten. Diese Person kennt sie wahrscheinlich nicht mal oder wie viele Katholiken haben wohl persönlich mit dem Papst über sein persönliches Wertesystem und seine Erfahrung und sein Wissen gesprochen? Nehmen wir mal an, der Papst hätte mit 2000 Leuten ein solches Gespräch führen können, dann hat er mit 0.000169% aller Katholiken sprechen können und trotzdem folgen ihm die anderen 99.999831% einfach. Ist das logisch? Nein.
Nach meiner Meinung gibt es nur ein Konzept einer „Missionierung“ die den Menschen wirklich hilft, diesen persönlich weiterbringt und ihm auch Raum lässt, um sich nach seinen Bedürfnissen, weiter entwickeln zu können:
Es ist die Hilfe beim Erlagen von physischer und psychischer Freiheit, damit Entscheidungen selbst, nach eigenen Werten, Wissen und Gewissen getroffen werden können und jeder Person selbst die Verantwortung für das eigene Leben tragen kann.